Veranstaltungen von Pro Justiz Rheinland im März 2019
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Fachtagung Amts- und Staatshaftungsrecht in Koblenz
Bericht von ROLG H. Groß
Zum siebten Mal fand am 28. und 29. März 2019 eine zweitägige Fachtagung mit Informationsaustausch zu besonderen Fragen des Amts- und Staatshaftungsrechtes in Koblenz statt. Knapp 50 Richter -vom Bundesgerichtshof über 14 Oberlandesgerichte bis hin zum Fachministerium sind der Einladung des Vereins Pro Justiz Rheinland e.V. gefolgt, um sich über allgemeine oder besondere Fragen ihres komplexen Fachgebietes auszutauschen. Gegenstand des unter Leitung des VROLG Dr. Peter Itzel regen und kollegialen Austausches waren unter anderem Fragen des besonderen Prüfungsmaßstabes der Haftung für Rettungseinsätze bei einem Großbrand oder bei Schulunfällen ,Reichweite von Beratungspflichten unterschiedlicher Sozialbehörden, Haftungsfragen im Adoptionsrecht, Anspruchsvorrausetzungen bei Schäden bei fehlgelaufenen SEK-Einsätzen oder Hausdurchsuchungen in strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, Spannungsfelder bei Richtlinien für den privaten Rettungsdienst im Lichte des europäischen Staatshaftungsrechtes, Notarhaftungsfälle, insbesondere die Grenzen zwischen Geheimhaltungspflichten und fürsorglichen Mitteilungen an eine Vertragspartei, wenn sich der andere Vertragspartner vertragswidrig verhält, Ansprüche bei Nichteinhaltung von zugesicherten Kita-Plätzen, Probleme der Passivlegitimation, wenn Bürger aufgrund einer komplexen Zuständigkeitslage nicht wissen, an wen sie sich halten sollen und die Anwendung der Subsidaritätsklausel droht (Fehler beim Rettungseinsatz, Arzt oder Rettungswagenfahrer), Fragen einer vorbeugenden Pflicht im Rahmen von Winterdienst, Spannungsfelder bei städtebaulicher Gestaltung einerseits und Verkehrssicherungspflichten der Gemeinden andererseits, Rechtmäßiges Alternativverhalten bei unzulässiger Haft, Sperrwirkung von Planfeststellungsbeschlüssen, Phänomene bei unkritischer Selbsteinschätzung bei fehlerhaften Behördenhandeln, Überobligatorische Belehrungspflichten z.B. der Asylbehörden bei Bekanntgabe von Bescheide und vieles mehr.
Besondere fachliche Bedeutung erhielt die Tagung durch die durchgängige Teilnahme des Vorsitzenden Richters am Bundesgerichtshof Dr. Ulrich Herrmann und drei seiner Kollegen des 3. Zivilsenates, die über vergangene und aktuelle Entscheidungen und Problemfelder des Amts- und Staatshaftungsrechtes referierten und einen Ausblick auf in Kürze zur Entscheidung anstehenden Themenkomplexe gaben und sich belebend an den Diskussionsrunden beteiligten.
Wie in den Jahren zuvor, wurde die Tagung abgerundet durch eine am Abend des Veranstaltungstages durch den Verein Pro Justiz e.V., die Staatsanwaltschaft Koblenz, den Ortsverband des deutschen Richterbundes und des Anwaltsverein angebotenen öffentliche Podiumsdiskussion im neuen Justizzentrum zu dem Thema „ Das Ende der Wahrheitssuche“.
Dafür wurde der Ex- „Panorama“- Chef Joachim Wagner gewonnen, der mit seinem gleichlautenden Buch die anwesenden Richter und Anwälte mit teils scharfen Vorwürfen konfrontierte: Ist die Justiz tatsächlich überlastet, ist sie (auf Kosten einer zügigen Verfahrensorganisation) ein Paradies für teilzeitbeschäftigte Frauen geworden und, verzichtet die Justiz auf die Wahrheitssuche, wenn sie lieber statt Beweisaufnahmen durchzuführen nach einvernehmlichen Lösungen sucht? Diese und andere Punkte wurden im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit dem Vizepräsidenten des Landgericht Koblenz R. Rühmann, dem aus dem NSU-Verfahren bekannt gewordenen Rechtsanwalt W. Stahl und dem VROLG Dr. P. Itzel zusammen mit einem voll besetzten Auditorium lebhaft diskutiert. Der abschließende Rat des Referenten, dass Richter, um immer komplizierte und komplexer werdenden Gerichtsverfahren, der Öffentlichkeit nachvollziehbarer zu machen, in Talkshows gehen sollen, stieß dann doch eher auf zurückhaltende Skepsis.
Auch die Rheinzeitung hat am 30. März 2019 recht intensiv über diese beide gelungenen Veranstaltungen berichtet !